Waldkapelle

Entstehungsgeschichte der Waldkapelle Auszüge aus der Festschrift zum 150 jährigem Bestehen im Jahre 1996 von Manfred Pielmeier

Auf dem nordwestlichen Hang, der sich vom Breitbrunner Fuß­ballplatz zum Wald hinzieht, steht im Schatten von Baumkro­nen eine kleine Waldkapelle. An ihr führt der alte Wallfahrer­weg von Inning über Buch und Breitbrunn nach Andechs vorbei.

Jährlich in der Auffahrtswoche, das ist die Woche, in die das Fest Christi Himmelfahrt fällt, nehmen verschiedene Wallfahrtszüge diesen Weg. Heuer, im Jahr 1996, feiert die Kapelle ihr 150jähriges Beste­hen. Ihre Entstehungsgeschichte ist mit den damaligen Besit­zern von Schloss Ried, mit dem kgl. Centralrat bei der kgl. Staatsschuldenverwaltung Johann Baptist Graf und seiner Gemahlin Rosalia und der Breitbrunner Gemeinde verbunden.

In einem unter der Überschrift „Ursprung der Breitbrunner Waldkapelle aufgeklärt“ im Münchner Merkur vom 15./16. September 1956 erschienenen Artikel führt der Hechendorfer Pfarrer Adalbert Multerer aus: Nach mündlicher Überlieferung (Vater Breitenberger, geb. 1876, hat es seinen Kindern immer so erzählt) geht die Entstellung der Kapelle auf ein Gelübde zurück, das die Herrin auf Schloss Ried bei Viehseuche gemacht hatte… Und an anderer Stelle heißt es noch: In der Pfarrchronik von Hechendorf finden sich über die Waldkapelle folgende Einträge:
1. In der nahe bei Breitbrunn am Ammersee neuerbauten Kapelle wurde folgende Inschrift mit in diesem Jahre gepräg­ten Münzen von einem Guldenstück herab bis zum Pfennigstück eingemauert: Um den Bau dieser Kapelle zu Ehren Gottes machten sich verdient Johann Baptist Graf, kgl. Centralrat bei der kgl. Staatsschuldenverwaltung, Ritter vom Orden des hl. Michael, Herr auf Ried, und seine Ehefrau Rosalia, geborene von Krempelhuber. Den Grundstein legten sie am 27. Juli 1845. Zeugen: Heinrich Gietl, Pfarrer von Höchendorf; Gschaider, Patrimon, Richter von Seefeld. Dem Bau der Kapelle stand vor: Longinus Kerle aus Tirol.

2. Am Pfingstsonntag, 1.VI.1846, habe ich, Pfr. Gietl, die Einweihung dieser Kapelle im Beisein des kgl. Centralrats Herr Graf von München und dessen Gemahlin, dann des Herrn kgl. Prof. Dr. Arends aus München u.a.m. vorgenommen.

Für Pfarrer Adalbert Multerer war es ungeklärt, warum die Kapelle auf Breitbrunner Flur stehen sollte. Darüber kann auch heute nichts Genaues ausgesagt werden. In einem undatierten Bericht aus der Zeit der Entstehung der Kapelle heißt es zwar, dass die Kapelle für die Gemeinde Breitbrunn erbaut worden sei, doch daraus, wie auch aus den anderen vorhandenen Schreiben geht nicht hervor, wem der Grund gehörte, auf dem die Kapelle zu stehen kam. Was die Standortfrage betrifft, darf vermutet werden, dass der alte Wallfahrerweg für den Schloss­herrn mitbestimmend war, wohl auch die Tatsache, dass die Breitbrunner ihm hörig waren.

Die Baugeschichte der Kapelle lässt sich aus vorhandenen Schreiben weitgehend ableiten. Das beginnt mit einer Liste von Leistungen, die die Breitbrunner für den Bau der Kapelle als Hörige zu leisten hatten. Kennzeichnend für ihre Hörigkeit sind Formulierungen wie: Haben dieselben alle nötigen Handar­beiten von Anfang bis zum Ende unentgeltlich zu entrichten oder Überhaupt müssen die Breitbrunner alle nöhtige Handarbeit und alle nöhtige fuhren und Bauhölzer unentgeldlich liefern. Der Vorsteher der Gemeinde, Georg Glas, war gehalten, alle aufgeführten Forderungen den Gemeindebürgern vorzutragen und einen Gemeindebeschluss herbeizuführen. Er tat dies am 3. März 1844, wie aus dem vorliegenden Gemeindebeschluss zu ersehen ist. Diesem lag eine Unterschriftenliste von Breitbrun­nern bei.

Inzwischen hatte der für den Bau der Kapelle vorgesehene Maurermeister Kerle aus Tirol einen Plan angefertigt. Der Kostenvoranschlag dazu ist mit dem 19. April 1844 datiert. Das Ausmaß der Kapelle wird 18 fuß länge dan 14 breite, und 12 zur höhe angegeben.

Die Kosten berechnete er mit 329.50 Gulden. Ausdrücklich erwähnte er, dass alle hand und Span­dienste sambt das bedürftige Bauholz die Gemeinde zu leisten hat. Darauf teiIte Centralrat Graf dem Königlichen Landgericht mit, dass er die Kapelle nach dem Plan von Kerle errichten wolle, vorausgesetzt, dass es keine Kostenüberschreitung gebe, die Breitbrunner ihren Verpflichtungen nachkämen. Außer­dem machte er einen Vorschlag, wie die Kapelle unterhalten werden könne. Am 19. Juni 1845 konnte ihm Gschaider, der Richter des Patrimonialen Gerichts Seefeld, mitteilen, daß der König den Bau der Kapelle genehmigt und daß auch das bischöfliche Ordinariat zugestimmt habe. Dem Gericht selbst war auferlegt, daß es im Benehmen mit der königlichen Bauin­spektion die planmäßige Ausführung überwachen solle und für den Unterhalt der Kapelle und ihre nächtliche Sperrung Sorge zu tragen habe.

Nun setzte Maurermeister Kerle den Baubeginn für den September fest. Das rief die Breitbrunner Hörigen auf die Barrika­de. Mit Bestürzung stellten sie fest, dass das Einbringen der Ernte gefährdet sei. Außerdem ging es auch um Saatgut, das zur Winteraussaat benötigt wurde und mancher erst durch das Dre­schen des eingebrachten Getreides erhielt. Für sie wandte sich ein gewisser Johann Ring an den Centralrat mit der Bitte, dass er erlaube, die Materialien sofort anzufahren lind nicht, wie es Kerle verlangte, unmittelbar vor Baubeginn. Außerdem sollte er ihnen gestatten, den zu liefernden Sand aus der Kiesgrube am Schlagfeld zu entnehmen. Nun musste sich wohl Graf an das Patrimon. Gericht gewandt haben, denn dieses Iud den Gemeindevorsteher Georg Glas, den Stiftungspfleger Franz Höflmayr und den Genleindebevollmächtigten Andre Dallmayr vor. Was diese vorbrachten, ließ Gschaider protokollieren und fügte dann das Protokoll eitlem Schreiben an Centralrat Graf bei. Er überließ diesem die Entscheidung, wie er sich dem Anliegen der Breitbrunner gegenüber verhalten wolle. Das Ergebnis sollte er dem Gericht bekanntgeben. Wenn nun 20 Tage später der Grundstein für die Kapelle gelegt wurde, darf angenommen werden, dass dem Wunsch der Breitbrunner nach sofortiger Erbringung der Leistungen Rechnung getragen wurde. Dafür spricht ein undatierter Bericht eines namentlich nicht genann­ten Pflegers, den der Gemeindevorsteher bestätigte, in dem es heißt: Die Kapelle wurde erbaut für die Gemeinde Breitbrunn im Jahre Christi 1845 durch den guten thätigen liebenswürdigen hochwohlgeborenen Herrn Joh. Bap. v. Graf Ritter des St. Michaels Orden königl. Regierungs und Central Rath. Und dessen Gemahlin die hochadeliehe gute gegen die Armen barmherzige Frau Ihrem ehrenvollen Stamme nach von Krempelhuber.

Zur Grundsteinlegung liegt eine Rede Grafs vor. Er leitete sie mit folgenden Worten ein: Mit froher Zuversicht zwar, aber nicht ohne ein ernstes Gefühl legen wir jetzt den Grundstein zu diesem Werk. Im weiteren wies er daraufhin, dass die Kirche von großen Stürmen bedroht, von vielen Feinden angegriffen wer­de, dass sich viele irregeleiteten Kinder früh gewaltsam losris­sen vom Schoß ihrer Mutter und dass es deshalb not täte, dass die Gläubigen zusammenhielten. An anderer Stelle merkte er zur Kapelle an, dass es flicht auf ihre Größe ankäme, sondern auf die damit verbundene Andacht. Er beendete seine Rede mit dein dem Wunsch: Möge die Kapelle ein Sammelplatz solcher Andacht, möge sie Kindern und Kindeskindern eine heilige Zufluchts­stätte werden…

Eine Beschreibung ihrer Ausstattung liegt nicht vor, doch kann sie aus Rechnungen und einem Kostenvoranschlag teilweise ermittelt werden. So schuf einer Rechnung zufolge der Bild­hauer Paul Seidl 1846 einen Altar, der heute nicht mehr vorhan­den ist, so hat der Bildhauer Alois Fink ein Madonnenbild für die Kapelle im Mai 1846 restauriert. 1855 vergoldete ein Joseph Fendt aus Seefeld den bereits erwähnten Altar und malte die Kapelle in gotischem Stil aus, wobei die Decke blau angelegt und mit goldenen Sterne durchsetzt sein sollte.

Am 25 August 1946 wurde das 100 jährige Bestehen durch einen Gottesdienst im Freien begangen. Dazu war die Geneh­migung des Landratsamtes erforderlich. Die schadhaft gewor­dene Kuppel der Kapelle wurde am 1. Dezember 1951 durch eine Kupferkuppel ersetzt. Gestiftet wurde sie von dem Bauern Franz Hirschvogl aus Breitbrunn zum Dank für seine glückli­ehe Heimkehr aus dem Zweiten Weltkrieg. Gleichzeitig ver­pflichtete er sich, für die Erhaltung der Kapelle weiterhin Sorge zu tragen. Ausgeführt wurde die Kuppel von dem Sudetendeut­schen Rudolf Zoth in der mechanischen Werkstatt von Franz Wagner.

Seit 1. Januar 1978 ist durch Eingemeindung der ehemaligen Gemeinde Breitbrunn die Kapelle im Besitz der Gemeinde Herrsching. Der im Jahre 1991 gegründete Kapellenbauverein e. V. Breitbrunn, der die Kapelle auf dem Königsberg errichtet hat, betreut auch die alte Waldkapelle. Zur Feier des 150jähri­gen Bestehens sorgte er für die Restaurierung der Kapelle durch Beauftragung der Alfons-Wagner- Werkstätte für Malerei & Restauration, durch Einsatz eigener, freiwilliger Arbeitskräfte und durch Spenden. Eine Bereicherung der Innenausstattung stellt die von Hans Ulrich Greimel zunächst für die HI. Geist Kirche in Breitbrunn gestiftete, von dem Stidtiroler Josef Plan­kensteiner, der in Oberaudorf am Inn lebt, geschaffene Nachbildung einer Madonna von Tilman Riemenschneider dar. Sie wird an die Kapelle abgetreten, weil sie nicht mehr zur Ausstat­tung der HI. Geist Kirche passt, die zum 25jährigen Bestehen von einem anderen Künstler vollendet werden soll. Die Feier der Kapelle findet am 15. Mai 1996 statt.

Als Wunsch für die Zukunft sei Grafs Abschluss seiner Rede angefügt, in der es heißt, die Kapelle möge der Gegend zur Zierde und Freude gereichen.